Migration of Road Vehicle Automation (MiRoVA) - Teilprojekt 6: Modellintegration und taktisches Fahrverhalten
- Ansprechperson:
- Förderung:
DFG (Forschungsgruppe)
- Projektbeteiligte:
RWTH Aachen University - Institut für Arbeitswissenschaft (IAW)
Technische Universität Darmstadt - Institut für Arbeitswissenschaft (IAD)
TU München - Lehrstuhl für Ergonomie (LfE)
Technische Universität Darmstadt - Fachgebiet Fahrzeugtechnik (FZD)
- Beginn:
2025
- Ende:
2028
Problemstellung
Die zunehmende Automatisierung im Straßenverkehr verändert das Zusammenspiel zwischen menschlichen und automatisierten Verkehrsteilnehmenden grundlegend. Dabei entstehen nicht nur technische, sondern auch gesellschaftliche Herausforderungen: Wie verläuft die Migration von einer menschzentrierten hin zu einer automatisierten Verkehrsumgebung? Welche neuen Interaktionsmuster und Sicherheitsanforderungen ergeben sich? Was passiert, wenn die Automatisierungsstufe eines Fahrzeugs falsch eingeschätzt wird? Und wie lassen sich die daraus resultierenden Risiken frühzeitig minimieren?
Diese komplexen Interaktionsmuster spielen sich vor allem auf der taktischen Ebene des Fahrverhaltens ab – einer Ebene, die in bestehenden mikroskopischen Verkehrsflusssimulationen bislang nicht adäquat modelliert werden kann. Um solche Verhaltensmodelle integrieren zu können, ist eine explizite Modellierung der taktischen Ebene erforderlich. Diese fehlt jedoch in den gegenwärtigen Modell- und Softwarearchitekturen.
Projektziel
Die Forschungsgruppe verfolgt das Ziel, die Migration von einer menschzentrierten hin zu einer zunehmend automatisierten Verkehrsumgebung umfassend zu untersuchen und zu modellieren. In den einzelnen Teilprojekten werden zentrale Aspekte der Interaktion zwischen Menschen und automatisierten Fahrzeugen unterschiedlicher Automatisierungsstufen analysiert. Dies schließt sowohl interne Prozesse wie Wahrnehmung und Entscheidungsfindung als auch externe Interaktionen wie Kommunikation und Kooperation ein. Auf Basis dieser Untersuchungen werden präzise Modelle entwickelt, die diese Interaktionen beschreiben und systematisch kategorisieren.
Die entwickelten Teilmodelle werden in einer mikroskopischen Verkehrsflusssimulation zusammengeführt. Diese Simulation ermöglicht es, den Verkehrsfluss und die Interaktionen von Menschen und Fahrzeugen in einem realitätsnahen Straßennetz abzubilden. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Komplexität der taktischen Ebene des Fahrverhaltens in die Simulation zu integrieren und gleichzeitig rechen- und datenintensive Anforderungen zu bewältigen.
Schließlich sollen mithilfe dieser Simulation verschiedene denkbare Migrationspfade untersucht werden. Ziel ist es, kritische Szenarien frühzeitig zu identifizieren und zu vermeiden, um eine sichere, effiziente und gesellschaftlich akzeptierte Einführung von automatisierten Fahrzeugen zu gewährleisten.
Methode
Im Teilprojekt 6 wird die Integration der in den anderen Teilprojekten entwickelten Verhaltens- und Interaktionsmodelle in eine mikroskopische Verkehrsflusssimulation untersucht. Als Simulationsplattform kommt das Open-Source-Tool SUMO zum Einsatz. Der Schwerpunkt liegt auf der taktischen Ebene des Fahrverhaltens, die für die Planung und Entscheidungsfindung während der Fahrt verantwortlich ist.
Eine große Herausforderung ist, dass bestehende Modell- und Softwarearchitekturen mikroskopischer Simulationen keine explizite Modellierung der taktischen Ebene vorsehen. Stattdessen werden taktische Entscheidungen häufig als Sonderfälle auf der operativen Ebene abgebildet, was die Integration anspruchsvoller Verhaltensmodelle erschwert. Um diese Lücke zu schließen, wird eine „Clean Architecture für Verkehrsflusssimulation“ entwickelt, die eine klare Trennung zwischen taktischen und operativen Modellen ermöglicht.
Diese Architektur erlaubt die realitätsnahe Modellierung und Simulation taktischer Fahrmanöver und der Kooperation zwischen menschlichen und automatisierten Verkehrsteilnehmenden. Diese Aspekte werden auf Basis von Fahrzeugtrajektorien untersucht, um ein detailliertes Bild der zugrundeliegenden Interaktionsmuster zu erhalten. Szenarien wie das Überholen, das Einfahren auf eine Autobahn oder innerstädtische Fußgängerquerungen können so simulativ analysiert werden. Ziel ist es, durch diese simulationsgestützte Untersuchung ein tieferes Verständnis für potenziell kritische Migrationspfade zu entwickeln und Grundlagen für deren präventive Gestaltung zu schaffen.